Römische Kalkbrennerei in Bad Münstereifel

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Modell der Produktonsanlage

Am Anfang war der „Kalk“

Was wäre wohl heute noch von den teils opulenten Monumentalbauten der Römer zu sehen, hätte es damals nicht  das „opus caementicium“ gegeben? Dieser sagenhafte römische Beton, der in seiner Festigkeit sogar dem heutigen modernen Baustoff überlegen ist, konnte nur unter Nutzung gebrannten Kalks seine vortrefflichen Eigenschaften entfalten. Die Kunst des Kalkbrennens stammt von den Phöniziern und wurde von den Griechen übernommen, die diesen ca. 300 v. Chr. in Unteritalien für den Bau des sogenannten „Emplektons“ verwendeten. Dies nahmen die Römer als Vorbild für das von Ihnen entwickelte „opus caementicium“. Wo und wie wurde aber der dazu erforderliche Kalk hergestellt? Sicher war der Bedarf immens, so dass es wohl viele Produktionsstätten gegeben haben wird. Von einer dieser Fabrikationsanlagen wissen wir jedenfalls mehr: Es ist die Römische Kalkbrennerei in Bad Münstereifel-Iversheim, die heute als archäologisches Highlight und vermutlich zukünftiges Weltkulturerbe besichtigt werden kann. Sie gilt nämlich in Art und Größe als eine europäische Rarität. Betrieben wurde sie vermutlich zwischen 150 und 300 n. Ch.

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Ausgegrabene Kalköfen. Gut erkennbar: Die umlaufenden Ofenbänke

Die Entdeckung

Man entdeckte die Anlage im Zuge von Kanalarbeiten. Sie wurde in den Jahren 1966 bis 1968 archäologisch freigelegt und dokumentiert. Dabei fand man sechs Kalkbrennöfen vor, von denen einer sogar noch befüllt war. Dieser glückliche Umstand gab den Forschern Aufschluss über die Funktionsweise und den Arbeitsprozess. Die Öfen waren ursprünglich in einer offenen Halle untergebracht. Hinter dem Areal, auf dem auch die Unterkünfte eines militärischen Arbeitskommandos der 30. Legion (Legio XXX Ulpia Victrix) standen, befanden sich die Steinbrüche. Hier wurde das rot-braune Dolomitengestein abgebaut, zu den Öfen geschleift und  bei ca. 1.000° gebrannt.  Der ungelöschte Stückkalk wurde anschließend mit Karren über Land, vermutlich aber auch mit Hilfe von Kähnen über die Erft, zu den Baustellen transportiert. Dort wurde er gelöscht und verarbeitet. In der Nachbarschaft der freigelegten Stätte wurden noch drei weitere Kalkbrennereien nachgewiesen. Ob diese zusammen sozusagen ein regionales römisches „Zentrum“ der Kalkherstellung bildeten, ist ungeklärt. Es deutet jedoch einiges darauf hin. Denn in weiterer Entfernung gibt es keine derartigen Funde.

Die Ausstellung

Aus der vorgefundenen Gesamtsituation schließen die Forscher auf einen überhasteten Abzug des römischen Arbeitstrupps. Vermutlich wurde ein kurz bevorstehender feindlicher Angriff der Franken erwartet oder vielleicht nicht erfolgreich abgewehrt. Das war bereits schon einmal 270 n. Ch. der Fall. Damals konnten die Römer den Standort wieder zurückerobern und verbessert neu aufbauen. 300 n. Ch. ging allerdings das Erfttal endgültig verloren. Vier der ausgegrabenen Öfen sind heute zu besichtigen, drei davon befinden sich unter einem Schutzbau. Zwei wurden wieder zu Konservierungszwecken zugeschüttet. Im Schutzbau gibt es Schautafeln und Modelle, so dass man einen fundierten Überblick erhält. Zudem ist die jeweils ehrenamtlich eingesetzte Aufsicht gerne zu Auskünften bereit und weiß über viele weitere Zusammenhänge kurzweilig zu berichten.

Der Beweis

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Von einem Soldaten der 30. Legion gestifteter Weihestein

Als wichtiger Nachweis für die Herkunft der Betreiber der Kalkbbrennerei gilt der hier abgebildete Weihestein. Er wurde in der unmittelbaren Umgebung aufgefunden: Minervae sacrum / T(itus) Aurelius / Exoratus m(iles) l(egionis) / XXX U(lpiae) V(ictricis) magist(er) / calc(ariorum) / HS XXI (semis?) [v(otum) s(olvit)] l(ibens) m(erito). Dieser Weihestein wurde der Göttin Minerva von dem Soldaten Titus Aurelius Exoratus, Kalkbrennmeister, gestiftet.

Unser Tipp

Verbinden Sie die Besichtigung mit einer kleinen Wanderung. Bei dieser Gelegenheit könnte auch der antike Steinbruch in Augenschein genommen werden, der freilich nach vielen Jahrhunderten des Dornröschensschlafs von der Natur zurück erobert wurde. Das zu Bad Münstereifel gehörende gegenüberliegende Dorf Iversheim, mit seinen vielen hübschen Fachwerkhäusern, wäre ebenfalls einen Bummel wert. Um die römische Anlage kümmert sich der Ortsverschönerungsverein Iversheim, Telefon 02253 7631. Wir sagen: Unbedingt besuchen. Ein „Muss“ für jeden Gast. Bitte informieren Sie sich bezüglich der Öffnungszeiten, da sich diese ändern können.

Viel Spaß auf der Entdeckungsreise in das römische Münstereifel.

Solveig & Dietmar